Wir leben in einer Zeit, in der Jugendliche scheinbar alles gleichzeitig stemmen sollen: Schule, Freundschaften, Freizeitaktivitäten, Social Media (ja, auch TikTok kann stressen!), Zukunftspläne … und dann kommen ganz nebenbei noch Familienangelegenheiten dazu. Das kann einem schon mal den Schlaf rauben. Und genau hier kommt das Thema Bewältigungsstrategien – auch Coping-Strategien genannt – ins Spiel.

In der Psychologie gibt es einen Namen, der bei diesem Thema immer wieder fällt: Lazarus. Er hat schon vor einigen Jahrzehnten betont, wie wichtig es ist, dass wir uns überlegen, wie wir mit Problemen und Emotionen umgehen – und nicht nur, dass wir irgendwie damit umgehen.

  • Problemorientiertes Coping Dabei wird der Stressfaktor direkt an der Wurzel gepackt. Das heißt zum Beispiel, sich einen Plan zu überlegen, wie man das Lernpensum für die nächste Prüfung strukturieren kann, Freunde oder Familie um konkrete Hilfe zu bitten oder ganz praktisch neue Fähigkeiten zu erlernen.
  • Emotionsorientiertes Coping Hier schauen wir, was der Stress mit uns persönlich macht: Wie fühle ich mich eigentlich gerade? Bin ich überfordert oder vielleicht sogar wütend? Dann kann es helfen, sich bewusst Zeit zu nehmen, zum Beispiel für Entspannungsübungen, Gespräche mit vertrauten Personen oder kreatives Austoben (Musik, Zeichnen, Sport – was auch immer den Gefühlen Raum gibt).

Einige mögen jetzt denken: „Klingt gut, aber woher nehme ich die Zeit, das alles umzusetzen?“ Tatsächlich zeigt der „Stressreport Deutschland 2024“ (ja, so etwas haben wir in Deutschland … überrascht uns das?), dass sich rund 40 % aller Jugendlichen regelmäßig gestresst fühlen. Hier könnte man sagen: „Augen zu und durch!“ Oder man sieht es als Chance, besser zu verstehen, was in uns los ist, und sich aktiv um uns selbst zu kümmern.

„Stress lass nach!“ ist leichter gesagt als getan. Aber wie wäre es, den Spieß mal umzudrehen und diesen Druck im Alltag als Hinweis zu nutzen, dass etwas in uns wachsen darf? Viele Jugendliche, die sich zerrissen fühlen zwischen Schule, Hobbys und Zukunftsplanung, berichten in meinen Coachings, dass schon kleine Änderungen helfen: einen Wochenplan aufstellen, feste (digitale) Auszeiten einlegen oder sich mit Freund:innen austauschen, wenn’s brennt. Der Effekt? Mehr Klarheit – und das Gefühl, nicht allein dazustehen.

Gerade im stressigen Schulalltag brauchen viele Jugendliche Impulse von außen, ähnlich wie bei der Berufswahl (da gibt es ja auch gefühlt 20.000 Möglichkeiten und dazu noch diverse Erwartungshaltungen von Familie, Lehrkräften oder Peergroup). Warum nicht mal die Schule oder Jugendeinrichtungen stärker einbinden, um solche Coping-Strategien gemeinsam einzuüben? Beim Institut für Resilienzforschung (ja, auch so etwas haben wir in Deutschland!) weiß man längst: Wer frühzeitig lernt, mit Stress gesund umzugehen, wächst daran und traut sich später mehr zu – sei es bei Prüfungen, der Wahl der Ausbildung oder den ersten Schritten in die Unabhängigkeit.

Man kann ausprobieren, was einem wirklich gut tut. Merkt man, dass eine Lern-App dabei hilft, den Tag zu strukturieren, setzt man sie gezielt ein. Braucht man einen körperlichen Ausgleich, sucht man sich am besten ein Sportangebot oder eine andere Aktivität mit Freunden. Ist man unsicher, tauscht man sich mit vertrauten Personen aus oder holt sich rechtzeitig professionelle Unterstützung, bevor der Druck überhandnimmt. Wenn man seine Bewältigungsstrategien kennt und sie aktiv nutzt, geht man deutlich selbstbewusster durch den Alltag – und lernt auch, gelegentlich „Nein“ zu neuen Verpflichtungen zu sagen. Stress gehört zum Leben dazu, aber man kann lernen, ihn so zu steuern, dass er einen nicht überrollt.

Bewältigungsstrategien im Alltag

„Stress lass nach!“ oder „Stress gehört dazu?“