… Warum traumasensibles Handeln im Sozialwesen kein Zusatz, sondern eine Grundhaltung ist.
Wer in der Sozialen Arbeit tätig ist, begegnet immer wieder Menschen, deren Verhalten zunächst schwer zu verstehen ist – impulsiv, abweisend, herausfordernd, manchmal sogar selbstschädigend. Doch hinter diesem Verhalten liegen selten „Probleme“, sondern vielmehr Überlebensstrategien. Menschen mit traumatischen Erfahrungen haben gelernt, sich zu schützen – oft in Momenten, in denen Schutz von außen nicht gegeben war. Das Verhalten, das heute irritiert, war damals notwendig.
Die traumpädagogische Perspektive hilft uns, genau das zu erkennen: Jedes Verhalten hat einen guten Grund. Nicht das Symptom steht im Mittelpunkt, sondern die Geschichte dahinter. Und wer diese Geschichte zu verstehen beginnt, kann Beziehung wieder ermöglichen – Schritt für Schritt, in einem Tempo, das Sicherheit schafft.
Fachkräfte, die traumasensibel handeln, begegnen ihren Klient:innen nicht mit Strafe, sondern mit Haltung. Sie wissen: Kontrolle entsteht durch Vertrauen, nicht durch Zwang. Sie stellen Beziehung vor Regulation – und wissen, dass Stabilität nicht eingefordert, sondern erlebt werden muss. Traumasensibles Handeln bedeutet, Menschen dort abzuholen, wo sie stehen – körperlich, emotional und biografisch.
Es braucht dafür Wissen, Reflexion und Selbstfürsorge:
- Wissen über Traumafolgen und ihre neurobiologischen Grundlagen,
- Reflexion über die eigene Haltung und mögliche Reinszenierungen im pädagogischen Alltag,
- und Selbstfürsorge, weil Stabilität nur von jemandem ausgehen kann, der sie in sich trägt.
Traumasensible Soziale Arbeit ist somit kein Sonderfall, sondern eine Haltung der Menschlichkeit. Sie sagt: „Ich sehe nicht, was du tust, sondern was du erlebt hast. Und ich glaube daran, dass du mehr bist als deine Reaktion.“
Wenn Strafen Beziehung zerstören, dann schafft Verstehen den Raum, in dem Heilung beginnen kann.
„Menschen verhalten sich nicht gegen uns, sondern für sich selbst.“ (traumapädagogisches Leitzitat, frei nach L. K. Porges)